AFP-Reporter unter Opfern von Anschlag in Kabul
🇦🇫 In memory of Shah Marai @shahmarai , AFP’s chief photographer in Afghanistan
— AFP Photo (@AFPphoto) 30. April 2018
A selection of his work pic.twitter.com/xgVrphue8n
Zwei Selbstmordanschläge in der afghanischen Hauptstadt Kabul haben erneut ein Schlaglicht auf die lebensgefährliche Berichterstattung aus Afghanistan geworfen. Unter den 25 Todesopfern des doppelten Anschlags vom 30. April sind neun Journalisten, unter ihnen der AFP-Fotograf Shah Marai. Der 41-jährige Fotograf war mit anderen Reportern und Rettungssanitätern zum Ort der ersten Explosion geeilt, als ein zweiter Selbstmordattentäter etwa 40 Minuten danach seinen Sprengsatz zündete. Ein zehnter Journalist, ein 29-jähriger BBC-Reporter, kam am gleichen Tag bei einem Angriff in der Provinz Chost ums Leben. Im September wird in Afghanistan ein neues Parlament gewählt - bei der Berichterstattung über die Präsidentschaftswahl in Afghanistan wurde am 2. April 2014 die AP-Fotografin Anja Niedringhaus getötet.
Shah Marai hat den Bürgerkrieg in Afghanistan in den 1990er Jahren ebenso miterlebt wie das Taliban-Regime, die Luftangriffe der USA von 2001 und den schwierigen politischen Prozesse der danach folgenden Jahre. Er arbeitete zunächst 1996 als Fahrer für AFP, ehe er zwei Jahre später für die Agentur auch zu fotografieren begann. Er war Vater von sechs Kindern, die jüngste Tochter war am Tag seines Todes gerade erst 15 Tage alt. In einem Beitrag für das AFP-Blog schrieb er im Oktober 2016: "Es gibt keine Hoffnung mehr."
Umsatz und Gewinn von Reuters News waren 2017 rückläufig
Das Nachrichtengeschäft des Informationskonzerns Thomson Reuters entwickelt sich weiter rückläufig. Der Jahresbericht 2017 weist für Reuters News einen Umsatzrückgang von 2,6 Prozent auf 296 Millionen Dollar aus. Das Betriebsergebnis des News-Bereichs sank deutlich um 21,2 Prozent auf 253 Millionen Dollar. Der Umsatzanteil der Nachrichtenagentur am Gesamtumsatz des Konzerns von 11,333 Milliarden Dollar (plus 1,5 Prozent) liegt jetzt bei 2,6 Prozent. Im vergangenen Jahr verbreitete Reuters zwei Millionen Meldungen ("unique news stories"), 1,4 Millionen News-Alerts, mehr als 730 000 Nachrichtenfotos und etwa 110 000 Nachrichtenvideos. Als Hauptkonkurrenten werden AP, AFP, Bloomberg und Dow Jones genannt.
Der Geschäftsbericht geht auch auf den geplanten Verkauf von 55 Prozent der Anteile des Thomson-Reuters-Geschäftsbereichs Financial & Risk an den US-Investor Blackstone ein. Die Nachrichtenagentur wird dann weiter zu Thomson Reuters gehören und für die Lieferung von Nachrichten an das neue Gemeinschaftsunternehmen über 30 Jahre hinweg mindestens 325 Millionen Dollar im Jahr erhalten.
"Nachrichtenagenturen gehen nicht nach Hause": Studie zur Arbeit Brüsseler Agenturjournalisten
Normale Arbeitstage sind die Ausnahme. So lautet ein Ergebnis der Agenturforscherin Hannah Lorenz, die jetzt ihre Forschungsarbeit zur Nachrichtenproduktion von Brüsseler Agenturjournalisten vorgelegt hat. Zwar gebe es ein Potpourri an wiederkehrenden Aufgaben, aber auch eine stark schwankende Arbeitsbelastung, insbesondere in der Berichterstattung über EU-Ministerräte. Nachrichtenagenturen gehen nicht nach Hause, zitiert die Autorin einen der von ihr interviewten Agenturjournalisten.
Die Berichterstattung ist ereignisgetrieben und institutionenorientiert, schreibt Hannah Lorenz. Die Agenturjournalisten in Brüssel sehen ihre Hauptaufgaben in der Informationsvermittlung und im Erklären von Abläufen und Entwicklungen der Europäischen Union.
EU-Korrespondenten arbeiten nach Einschätzung der Autorin im Spannungsfeld zwischen dem Hier in Brüssel und dem Dort ihres Heimatlandes. Von den 955 Mitgliedern des Brüsseler Pressecorps (2015) ist etwa jeder Fünfte für eine Nachrichtenagentur tätig. Die meisten der 36 befragten Akteure sehen das EU-Projekt positiv, beurteilen viele Entwicklungen aber auch kritisch und betonen die Notwendigkeit einer neuen europäischen Vision.
Für die Herausbildung einer europäischen Öffentlichkeit sind die Agenturjournalisten in Brüssel von hoher Bedeutung, denn die Heimatredaktionen berichten aus einer genuin nationalen Perspektive, die Herangehensweise der Korrespondenten wiederum ist stärker europäisch und damit pluralistischer ausgeprägt. Gleichwohl gelangt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Korrespondenten nationaler Agenturen ihre Meldungen bei ähnlichen Auswahlkriterien vorwiegend länderspezifisch adaptieren, während AFP und Reuters aus einer globalen Perspektive über das EU-Geschehen berichten. Hingegen orientiert sich AP mit seinem deutlich kleineren Brüsseler Büro vor allem am US-Markt. Die Korrespondenten der internationalen Agenturen dpa und Efe stehen laut Lorenz zwischen einer europäischen Perspektive und dem Bezugsrahmen des Nationalstaats, tendieren jedoch stärker in Richtung Nationalisierung. Diese Fragen, wo wünscht sich die Autorin, sollten künftig mit einer Analyse der Inhalte der Nachrichtendienste weiter erforscht werden.
Die meisten Brüsseler Agenturjournalisten sind Einzelkämpfer, die drei bis fünf Jahre in Brüssel bleiben. Viele nationale Agenturen haben nur einen Korrespondenten in Brüssel, sie sind de facto immer im Dienst. Der Arbeitstag dauere meist länger als acht Stunden und er ist von einem permanenten Zeitdruck geprägt. Umso wichtiger ist der enge Kontakt mit Journalisten anderer Medien: Die Kollegen unterstützen sich in vielfacher Hinsicht, bspw. mit ihren Sprachkenntnissen, durch Einordnung und Analyse oder den Austausch von Informationsmaterial. Die Autorin sieht darin auch eine Reaktion auf die herausfordernden Arbeitsbedingungen in Brüssel.
Den Auslöser für Nachrichten gibt in erster Linie der EU-Kalender vor, darunter das tägliche Midday Briefing der EU-Kommission um 12 Uhr. Außerdem können Beiträge anderer Medien zum Anlass für eigene Berichterstattung werden. Das Verhältnis zu ihren Quellen beschreiben die Agenturkorrespondenten gleichermaßen als Spiel und symbiotisches Verhältnis. Bei exklusiven Informationen seien sie sich bewusst, dass diese meist mit bestimmten Absichten gegeben würden. Und viele Korrespondenten treibt die Sorge um, in die Brüsseler Blase hineingezogen zu werden. Diese schwebe oberhalb der belgischen Gesellschaft, seine 'Bewohner' überschätzen häufig die Bedeutung der EU und haben den Bezug zur EU-Bevölkerung verloren. Zumindest in der Nähe dieser Blase sind die Brüsseler Agenturjournalisten vielleicht in einer ähnlichen Situation wie Hauptstadtjournalisten, im Unterschied zu sonstigen Auslandskorrespondenten - Hannah Lorenz spricht auch von einem ausgelagerten, verlängerten Arm der Zentralredaktion.
Das jetzt im Nomos-Verlag erschienene Buch ist die überarbeitete Version einer Dissertation, die Hannah Lorenz am Institut für Kommunikationswissenschaft der Uni Münster schrieb. Ihre Forschungsarbeit platziert die Wissenschaftlerin in die bislang noch recht überschaubare wissenschaftliche Beschäftigung mit Nachrichtenagenturen: Agenturforschung zeichnet sich durch Ermangelung aus. Theoretisches Handwerkzeug der Studie ist das akteurtheoretische Konzept des Soziologen Uwe Schimank, der die Systemtheorie von Niklas Luhmann weiterentwickelt hat. Dabei werden drei Teilsysteme unterschieden: ein allgemeiner Orientierungshorizont, die institutionellen Ordnungen und die spezifische Konstellation von mehreren Akteuren. Während die drei Strukturdimensionen gemeinsam das Wollen, Sollen und Können von Akteuren prägen, (re)produziert Akteurhandeln umgekehrt die sie prägenden Strukturen. So kann die Autorin gleichzeitig journalistisches Handeln, Medienstrukturen und das EU-System in den Blick nehmen.
Im Überblick zur Situation von Nachrichtenagenturen betrachtet Hannah Lorenz auch jüngste Marktentwicklungen und aktuelle Herausforderungen. Und gelangt dabei zu dem Schluss, dass Agenturen als zuverlässige und glaubwürdige Partner auch in Zukunft von großer Bedeutung sein werden.
(Hannah Lorenz: Im Spannungsfeld von Wollen, Sollen und Können. Brüsseler Agenturjournalisten als Nachrichtendienstleister. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, 2017. 500 Seiten. 94 Euro)
Agenturjournalisten der SDA für 81 Stunden im Streik
Die SDA-Redaktion auf dem Weg zurück ins Büro. #sda #ats pic.twitter.com/5Zcwsc0QVN
— Inside SDA/ATS (@inside_sda) 2. Februar 2018
Personalabbau angekündigt, Streik, Verhandlungen - für die Journalisten der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) geht es um die Grundlagen ihrer Arbeit. Nach der Ankündigung massiver Personalkürzungen in der Redaktion - 36 von 150 Vollzeitstellen sollen gestrichen werden - beschloss eine Redaktionsversammlung am 16. Januar eine Liste von Forderungen, darunter die Aufnahme von Verhandlungen mit der Geschäftsleitung, den Verzicht auf Kündigungen bis Ende Februar und Gespräche über einen Sozialplan. In einem Offenen Brief protestierte die Redaktionsversammlung gegen die Pläne, die aus ihrer Sicht in einem engen Zusammenhang mit der im Herbst 2017 angekündigten Fusion mit der Bildagentur Keystone stehen: "Mit der Fusion übernimmt die SDA das Unternehmensmodell von Keystone: Sie soll neu gewinnorientiert arbeiten und ab 2020 jährlich Dividenden auszahlen. Die einzige Vollagentur der Schweiz wird also dem Renditestreben geopfert." Weil die Geschäftsleitung nicht auf die Forderungen einging, traten die SDA-Redaktionen am 30. Januar in den Streik.
Nach 81 Stunden beschloss die Redaktionsversammlung dann, den Streik auszusetzen, nachdem es zu einem Treffen mit dem SDA-Verwaltungsrat gekommen war. Beide Seiten vereinbarten die Aufnahme von Verhandlungen am 13. Februar. Die Redakteure nahmen ihre Arbeit wieder auf, betonten aber, dass der Streik nur ausgesetzt, nicht beendet sei: "Die Redaktionsversammlung wird aufgrund der Entwicklung der Verhandlungen entscheiden, ob die Voraussetzungen für den Arbeitsfrieden wieder gegeben sind."
Die SDA ist ähnlich wie dpa genossenschaftlich organisiert. Die meisten Anteile (29,4 Prozent) liegen bei der Tamedia-Gruppe um den Tages-Anzeiger in Zürich, gefolgt von der NZZ-Gruppe, der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) und dem Verlegerverband französischsprachiger Medien, Médias Suisses.