Einen ganz anderen Anfang als in Europa nahm die Agenturgeschichte in Nordamerika. Befanden sich die Nachrichten-Verleger in Paris, London und Berlin gewissermaßen im Zentrum des damaligen Weltgeschehens und konnten ihre Meldungen in unmittelbarer Nähe einsammeln und rasch verbreiten, so harrten die amerikanischen Zeitungen der Dinge, die da mit mehrwöchiger Verspätung über den Atlantik kamen. Schiffe aus Europa brachten die in Frachtkisten verpackten Nachrichten und Zeitungen zuerst in den äußersten Nordosten des neuen Kontinents, in den Hafen von Halifax, Neuschottland.
Die Weiterübermittlung der für die amerikanische Presse interessanten Europa-Nachrichten mit Hilfe des neu erfundenen Telegraphen war für die einzelnen Blätter mit erheblichen Kosten verbunden. Es lag daher auf der Hand, die Auswertung und Übermittlung der per Schiff eingetroffenen Nachrichten gemeinschaftlich zu organisieren: 1848 schlossen sich zu diesem Zweck sechs New Yorker Zeitungen zur Harbour News Association zusammen und eröffneten ein Büro in Halifax. Außerdem betrieben sie gemeinschaftlich schnelle Segler, die im New Yorker Hafen den Schiffen aus Europa entgegenfuhren. Zu den maßgeblichen Mitbegründern des Projekts gehörte David Hale (1791-1849) vom Journal of Commerce, der bereits 1828 mit einem eigenen Boot vom New Yorker Hafen aus auf Nachrichtenjagd ging. Dieses Verfahren - ein ähnliches Modell gab es bereits 1811 in Boston - wurde rasch von anderen Regionen übernommen, und es entstand ein immer größeres Netzwerk von Zeitungszusammenschlüssen, die sich die Kosten der Informationsbeschaffung teilten und alle angeschlossenen Blätter - 1880 waren es bereits 355 Zeitungen - belieferten. Zur einheitlichen, landesweiten Nachrichtenagentur wurde diese Associated Press (AP) erst nach internen Abspaltungen und Konflikten, bei denen die New Yorker AP schließlich den kürzeren zog: 1892 übernahm die Associated Press von Illinois die Führung.
Deren neuer Generaldirektor Melville Stone (1848-1929) gab als Ziel die Parole aus, eine nationale genossenschaftliche Organisation zum Sammeln von Nachrichten zu schaffen, die nur den Zeitungen gehört, keine Profite macht, keine Dividende zahlt und lediglich im Dienste der Zeitungen steht (zitiert nach Gramling 1940, S.122f.). Eine solche Nachrichtenagentur verfolgt nicht den betriebswirtschaftlichen Gewinn als Selbstzweck, sondern lässt Erträge wieder in Investitionen für die Nachrichtenbeschaffung und -übermittlung fließen. Zum Organisationsprinzip der AP-Genossenschaft gehört die 1900 eingeführte Unterscheidung von zwei Arten der Mitgliedschaft: Regular members sind in den Entscheidungsgremien voll stimmberechtigt und verpflichtet, die von ihren Lokalredaktionen recherchierten Beiträge der Agentur zur Weiterverbreitung zur Verfügung zu stellen - associate members haben weder volles Stimmrecht noch die Abtretungspflicht. Der genossenschaftliche Zusammenschluss von Zeitungen (später kamen auch Rundfunksender hinzu) erwies sich dann auch in Europa als der beste Weg, um eine unabhängige Nachrichtenversorgung zu gewährleisten (Höhne 1977, S. 43; zur rechtlichen Organisation vgl. UNESCO 1953, S.26-28).
Das Genossenschaftsmodell legt den Fokus nicht auf die Gewinnsteigerung, sondern hat ein kostendeckendes Wirtschaften zum Ziel. Die anfallenden Ausgaben für die Nachrichtenbeschaffung und Aufrechterhaltung des Dienstes werden möglichst gerecht auf Nutzer und Genossen verteilt; eine lineare Struktur der nach Auflage oder Reichweite gestaffelten Bezugspreise ermöglicht auch kleineren und finanzschwächeren Medien den Bezug des Nachrichtendienstes. Wenn Gewinne anfallen, werden sie in den Ausbau der Agenturredaktion, des Korrespondentennetzes oder in Technik und Verwaltung investiert. Als eine der ersten genossenschaftlichen Agenturen in Europa wurde 1894 die Schweizerische Depeschen-Agentur (SDA) gegründet; nach dem Zweiten Weltkrieg folgten unter anderem die Deutsche Presse-Agentur (dpa), die Austria Presse Agentur (APA), die italienische Agenzia Nazionale Stampa Associata (ANSA) und die japanische Nachrichtenagentur Kyodo - dort hatte die Presse zuvor überall schlechte Erfahrungen mit Staatsagenturen machen müssen.